Unsere Fragen beantworteten Patrick Maué und Christian Maierhofer von der Bechtle AG sowie Benedikt Haag von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg für das Förderprojekt "E365 Maverick: Künstliche Intelligenz für die automatische Generierung von Lernpfaden".
21.06.2023: Wie in unserem Interview mit It´s JOINTLY blicken wir auch dieses Mal auf ein Vorhaben, das Künstliche Intelligenz (KI)einsetzt. E365 Maverick arbeitet an selbstlernenden Verfahren, die Lernpfade verbessern und diese für einen individuellen Empfehlungsservice einsetzen. Vor dem Hintergrund bestehender Chancen und Risiken beim Einsatz von KI geben wir in folgendem Interview Einblicke in die Arbeit des Projektes.
Patrick Maué: In dem Projekt E365 Maverick entwickeln wir Algorithmen, um frei verfügbare Lerninhalte aus dem Internet zu individuellen Lernpfaden zu verknüpfen. Die Bildungsangebote werden mit Hilfe von KI-Modellen analysiert und klassifiziert. Auf der Basis erhalten Lernende individuelle Empfehlungen zu passenden Bildungsinhalten gemäß den von ihnen ausgewählten Lernzielen. Das Feedback der Lernenden zu diesen Empfehlungen hilft, logisch zusammengehörige Lernpfade zu erschließen und langfristig die Qualität der Empfehlungen zu verbessern.
Wir erstellen im Projekt also keine eigenen Lerninhalte, sondern versuchen, mit unserer Lösung die Angebote im Bildungsraum besser zu vernetzen. Dafür entwickeln wir wiederverwendbare Open-Source-Komponenten, welche von anderen Anbietern in ihre eigenen Lösungen integriert werden können.
Benedikt Haag: Selbstlernende Systeme können es uns ermöglichen, noch gezielter und umfangreicher Bildungsangebote für unseren individuellen Bildungsweg zu definieren. Denkbar wäre auch, dass sie uns als virtuelle Tutoren das Lernen begleiten und Fragen beantworten und weiterführende Informationen bereitstellen. Auch bei der Aufbereitung von Texten können sie helfen und beispielsweise Texte in leicht verständlichere Sprache übersetzen oder komplexe Inhalte je nach Erkenntnisinteresse für uns zusammenfassen. Und schließlich können sie uns helfen, Plagiate zu erkennen. So können wir Deep Fakes und falsch generierte Texten identifizieren und dadurch die aktuell bestehenden Herausforderungen bei der Verwendung von KI durch KI selbst eindämmen.
Christian Maierhofer: Grundsätzlich ist die Entwicklung von funktionierenden selbstlernenden Verfahren immer von der Datenquantität und -qualität abhängig. Insbesondere im deutschsprachigen Kontext gibt es beispielsweise noch eine sehr begrenzte Anzahl an guten, frei verfügbaren Videos mit Bildungsinhalten. Je weniger Daten dem selbstlernenden System zu Verfügung stehen, desto weniger fundiert und übertragbar werden die Ergebnisse ausfallen. Doch auch diese Ergebnisse sollten noch Mehrwerte für die Lernenden schaffen können.
Patrick Maué: Die Qualität der Daten ist aber vermutlich das noch größere Problem. Selbst die besten KI-Modelle werden minderwertige Vorhersagen liefern, wenn die für das Lernen verwendeten Daten falsch waren. Subjektive Vorurteile und Verzerrungen, die sich in den Daten verstecken, werden in die Modelle ungeprüft übernommen. Umso wichtiger ist es, von den Lernenden und Lehrenden Rückmeldungen zu der Qualität zu erhalten und damit die KI-Modelle stetig zu verbessern.
Benedikt Haag: Gerade im Kontext der Bildung sehen wir das Thema Deep Fakes als ein großes Risiko. Der Wert kreativer Eigenleistung ist gegebenenfalls nicht mehr erkennbar, wenn Hausarbeiten und ähnliches zu großen Teilen automatisch generiert werden.
Benedikt Haag: Es ist wichtig, dass die effektive Nutzung der neuen Verfahren und Tools gelehrt werden. Der Einsatz großer Sprachmodelle wie ChatGPT wird zwar noch kontrovers diskutiert, für viele Lernende und auch Lehrende auch bei uns an Hochschule sind diese Angebote aber schon heute wichtige Hilfsmittel. Der korrekte Umgang mit diesen Tools, das sogenannte “Prompt Engineering”, muss aber gelernt werden. Ähnlich wie bei der Suche nach Informationen im Internet gibt es hier Ansätze und Techniken, um die KI-Verfahren effektiv zu steuern und wahrheitsgetreue Antworten zu erhalten.
Christian Maierhofer: Außerdem braucht es eine gute Aufklärung, damit der Technik nicht blind vertraut wird und die Nutzenden auch die Grenzen der KI erkennen.
Patrick Maué: Aus Entwicklungssicht wäre es wünschenswert, dass sich Open Source und Open Access als Standards etablieren. Gemeinsame Standards schaffen Vergleichbarkeit: Lernenden soll es leicht gemacht werden, die für sie relevantesten Bildungsangebote zu finden.